Muslimisches Berlin

Öffentliche Stadtführungen

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(Angaben ohne Gewähr)

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Interreligiöse Stadtführungen in Berlin

Individuelle Stadtführungen nach Maß

„Der Islam ist ein Teil Deutschlands und Europas.“ (Wolfgang Schäuble, 2006) Der Satz sollte inzwischen selbstverständlich sein. Jedoch warum wird er bis heute immer wieder infrage gestellt, wer schürt die Angst vor Muslimen – und warum? Worauf beruhen Vorurteile und Feindbilder nicht nur in der christlichen Mehrheitsgesellschaft? Es ist besser, miteinander zu sprechen als übereinander. Der Glaube ist ein sehr intimer Teil in der Persönlichkeit eines jeden Menschen. Berlin bietet die einzigartige Möglichkeit, verschiedene religiöse Richtungen kennenzulernen und ihre unterschiedlichen Ausprägungen. Lernen wir gemeinsam die Menschen hinter den Religionen kennen, wie und warum sie so glauben und denken.

Der Stadtnavigator Berlin arbeitet für Sie individuell Stadtführungen nach Ihren Themen aus. Der Preis variiert natürlich durch den benötigten Arbeitsaufwand. Fragen Sie unverbindlich nach. Nutzen Sie einfach dafür das Kontaktformular oder schreiben Sie an Info@Stadtnavigator-Berlin.de.

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Wilmersdorfer Ahmadiyya Moschee, gebaut 1924-1928

Wilmersdorfer Ahmadiyya Moschee, gebaut 1924-1928

Islam, die Moschee

Es gibt drei große Strömungen des Islam (arab.: Hingabe, „Unterwerfung” unter den Willen Allahs): Die Sunniten (etwa 90 Prozent), die Schiiten (etwa 8 Prozent) und die Wahibiten (etwa 2 Prozent). Der Glaubensstreit zwischen den Sunniten, die sich selbst als orthodox bezeichnen, geht auf die früheste Zeit des Islam zurück: auf den Nachfolgestreit des Propheten Muhammad. Jeder, der Kalif werden wollte, versuchte über (oft konstruierte) Familienstammbäume die Verwandtschaft mit Muhammad nachzuweisen.

Während die Sunniten auch die Nachfolger als rechtmäßig anerkannten, die nicht aus der Nachkommenschaft Muhammads stammten, erkannten die Schiiten nur Muhammads Vetter Ali als rechtmäßigen Nachfolger an. Später zerfielen die Schiiten in weitere Untergruppen, unter anderem die Nersairier, die eng mit den Alleviten in der Türkei verbunden sind. Die Alleviten grenzen sich strikt vom Islam ab und bilden eine starke Minderheit unter den türkischen Einwanderern in Berlin. Aus dem Schiitentum gingen auch die Drusen, Bahai und noch viele andere Gruppierungen hervor. Die Wahibiten leben vor allem in Saudi-Arabien und haben sich als so genannte Strenggläubige als größte Gruppe von den Sunniten abgespalten.

Das Zentrum des Islam ist die Kaaba (arab.; Kubus, Würfel), die sich im Innenhof der Großen Moschee (arab.: Al-maschdid al-haram) in Mekka, in Saudi-Arabien, befindet. Die Große Moschee ist seit 632 ein rein islamisches Heiligtum und gilt als ältestes islamisches Gotteshaus. Als Bait Allah (arab.; Haus Gottes) ist sie das Ziel der „Haddsch“, der großen Pilgerreise, die jeder Muslim einmal in seinem Leben unternehmen soll, wenn er dazu in der Lage ist. Die Kaaba ist gleichzeitig auch der Ort, der von jedem Punkt der Erde aus die islamische Gebetsrichtung (arab.: Qibla) festlegt.

Bln.-Kreuzberg, Umar-Ibn-al-Khattab-Moschee, Glaubensbekenntnis

Bln.-Kreuzberg, Umar-Ibn-al-Khattab-Moschee, Glaubensbekenntnis

Die Moschee (arab.: Masdschid; Ort der Niederwerfung, Verneigung) ist allgemein der zentrale Ort des sozialen Gemeinschaftslebens und des Gebets, also das Zentrum der islamischen Gemeinde. Traditionell können Gläubige das Gebet auch im Freien verrichten.

Die gebräuchliche Pfeilerhallen-Architektur der Moscheebauten wird auf die Omayyaden-Moschee in Damaskus zurückgeführt; die Tradition der Minarette (Minaret, türk. (17. Jh.), aus arab.: Minara: Leuchtturm) weist auf die im 7. Jahrhundert beginnende Verwendung früherer Kirchen nun als islamische Gotteshäuser hin. Die ehemaligen Kirchtürme dienten jetzt zum Gebetsaufruf (arab.: Iqama) durch den Muezzin (arab., Ausrufer). Vom Minarett aus werden die Gläubigen fünfmal am Tag zum Gebet (arab.: Salat) gerufen. Vor allem in den großen Moscheen wird zum Freitagsgebet und an Feiertagen das Gebet prachtvoller gestaltet. Bei der Verwendung zusätzlicher Gegenstände dabei gibt es regionale Unterschiede.

Das wichtigste Element im Betraum der Moschee ist die Qibla, die die Gebetsrichtung nach Mekka festlegt. Die Qibla-Wand wird in der Moschee besonders hervorgehoben: mit Inschriften, besonderen Ornamenten, in kleinen Moscheen manchmal auch nur mit einer einfachen Kennzeichnung. Sie ist obligatorisch. In der Wand befindet sich die Gebetsnische (arab.: Mihrab). Sie ist der Platz des Imam (arab., Vorsteher, Oberhaupt) vor der Gemeinde. Eine Predigt vor dem Gebet ist nicht unbedingt erforderlich, doch folgen viele Imame damit dem Vorbild Mohammeds. Beliebte Themen sind der Koran oder auch der Hadith, die Überlieferungen der Aussagen und Handlungen des Propheten. Danach folgt das Gebet. Neben der Gebetsnische gibt es oft eine Kanzel (arab.: Minbar), manchmal auch nur eine Erhöhung, von der der Prediger (arab.: Chatib) beim Freitagsgebet und an Feiertagen die Predigt (arab.: Chutba) hält – oft von einem Lesepult (arab.: Kursi) aus, auf dem er den Koran und andere religiöse Bücher auch ablegen kann.

Bln.-Heinersdf. Khaddija-Moschee, Qibla-Wand mit Mihrab

Bln.-Heinersdf. Khaddija-Moschee, Qibla-Wand mit Mihrab

Manche Moscheen besitzen separate Beträume für Frauen. In der Geschichte des Islam war die Bewegungs- und Handlungsfreiheit der Frauen generell sehr stark eingeschränkt. Das ist zum Teil noch bis heute so. Sie hatten in einer traditionell restriktiven Männergesellschaft meist gar nicht die Möglichkeit, ihr Gebet in der Moschee zu verrichten. So reichte es in den Auslegungen für eine Frau aus, in einem sauberen Raum das Gebet zu verrichten.

Berlin-Neukölln, Şehitlik-Moschee

Berlin-Neukölln, Şehitlik-Moschee

Die Geschichte der Moscheen in Berlin

Die erste Moschee auf deutschem Boden wurde zur Zeit des preußischen Königs Friedrich Wilhelms I. in Potsdam in einem Raum eingerichtet (→türkische Geschichte).

Während des Ersten Weltkrieges kamen muslimische Kriegsgefangene der Alliierten in die Internierungslager in Wünsdorf und Zossen bei Berlin. Im so genannten „Halbmondlager“ in Wünsdorf wurde in dieser Zeit der erste Moschee-Bau in Deutschland errichtet. Der Kuppelbau aus Holz wurde 1930 wegen Baufälligkeit abgerissen.

1922 gründete der Inder Maulana Sadr-ud-Din die erste islamische Gemeinde in Berlin, die „Lahore-Ahmadiyya-Bewegung zur Verbreitung islamischen Wissens“, die sich ab 1930 in „Deutsch-Moslemische-Gesellschaft“ umbenannte. 1924-28 wurde in der Brienner Straße 7/8 in Wilmersdorf die Ahmadiyya-Moschee nach dem Vorbild des Taj Mahal im Mogulstil mit einem Nebenhaus für den Imam gebaut. In der Weimarer Zeit gab es auch eine sehr geringe Zahl deutscher Konvertiten zum Islam.

Nach dem Zweiten Weltkrieg hatten sich alle vormals existierenden Vereine aufgelöst. Die verbliebenen Muslime sammelten sich um die Wilmersdorfer Ahmadiyya-Moschee. Impulse gingen von der indisch-pakistanischen Ahmadiyya-Bewegung in Großbritannien aus, die in der BRD 1955 in Hamburg die erste Gemeinde gründete. Mit dem Abschluss von Anwerbeabkommen mit muslimischen Staaten wie der Türkei (1961), Marokko (1963), Tunesien (1965) und Jugoslawien (1968) kamen jetzt in größerer Zahl Muslime in die BRD – und natürlich auch nach West-Berlin. Ab der Mitte der 1970er Jahre kam es im größeren Umfang zur Gründung von Moscheevereinen und Organisationen.

In die DDR kamen Studenten aus den sozialistischen Bruderstaaten, vor allem aus Syrien und dem Jemen. Vor allem Leipzig und Ost-Berlin waren Ausgangspunkte für ein bescheidenes muslimisches Gemeindeleben.

Berlin-Kreuzberg, Umar-Ibn-al-Khattab-Moschee

Berlin-Kreuzberg, Umar-Ibn-al-Khattab-Moschee

Über vierzig Moscheen sind heute in Berlin registriert. Die meisten befinden sich auf ehemaligen Fabrikgeländen, in Hinterhöfen und Vereinslokalen.

Die meisten muslimischen Gemeinden arbeiteten abgeschottet vor sich hin. Mit der Zeit wurde vielen eingewanderten Muslimen aber auch bewusst, dass Deutschland inzwischen ihre Heimat geworden ist. Nun begannen muslimische Vereine sich zur deutschen Gesellschaft hin zu öffnen. Von der deutschen Gesellschaft wurde das wiederum oft als Missionierung und als „Islamisierung“ wahrgenommen.

Den türkische Friedhof am Columbiadamm gibt es schon seit 1863. 1867 schenkte der damals noch preußische König Wilhelm I. das Gelände der osmanischen Regierung und ließ auf dem Gelände einen Obelisken aufstellen, auf dessen Spitze eine goldene Mondsichel angebracht wurde und dessen Seiten Grabplatten mit arabischen Schriftzeichen zieren. 1921 wurde der Friedhof vergrößert. Während des Nationalsozialismus wurde das Eingangsportal 1938 abgerissen und das Gelände zugemauert. Das gesamte Gelände wurde wegen der Erweiterung des Flughafen Tempelhofs verändert. Im Jahre 2004 wurde hier, am Columbiadamm 128 in Neukölln, die heutige Sehitlik-Moschee eröffnet. Es ist eine Moschee im klassisch-osmanischen Stil. Das Hauptgebäude wurde in achteckig-kuppeltragender Pfeiler- und Stützbogenform als Stahlbaukonstruktion errichtet. Im Erdgeschoss befindet sich der Gebetsraum, die eigentliche Moschee ist im ersten Obergeschoss. Auf dem Galeriegeschoss beten in der Regel die Frauen. Begleitet wurde der Bau von einem Bauskandal, weil die beiden Minarette mit über 21 Metern ein paar Meter höher gebaut worden waren als genehmigt. Hinzu kam die Anschuldigung, dass das für die Eingangstüren verwendete Elfenbein und Schildpatt nicht auf offiziellem Weg nach Deutschland gelangt wären.

Der zweite, selbstbewusste Moscheebau ist die Umar-Ibn-Al-Khattab-Moschee in der Kreuzberger Wiener Straße 12, Ecke Skalitzer Straße. Sie wurde vom „Islamischen Verein für wohltätige Zwecke“ errichtet; der Bau wurde 2008 zumindest äußerlich vollendet, eröffnet worden ist sie dagegen erst 2010. Benannt ist sie nach dem frühislamischen Kalifen. Das siebenstöckige Gebäude in der geschlossenen Häuserfront hat eine kleine Kuppel und vier eher unauffällige, sieben Meter hohe Minarette, gekrönt von vergoldeten Halbmonden. Der Gebetssaal mit zwei Galerien fasst gut 1.000 Gläubige, beherbergt Festsäle für Feiern, eine Koranschule, ebenso Boutiquen und einen Supermarkt. Vor allem dieses Gotteshaus repräsentiert das gewachsene Selbstbewusstsein der Berliner Muslime.

Im Oktober 2008 wurde die Khaddija-Moschee in der Tiniusstraße 5 in Heinersdorf eröffnet. Sie gehört der Ahmadiyya-Moslem-Gemeinde und wurde ausschließlich von der Frauengemeinde „Lajna-Imaillah“ finanziert. Sie ist die erste Moschee im ehemaligen Ostteil Berlins, und der Bau wurde von zahlreichen Protesten der Anwohner begleitet. Die Moschee-Gegner hatten rund 200.000 Unterschriften gegen den Bau gesammelt. Sie betrachteten den Bau als ein Zeichen der „weiteren Islamisierung der Gesellschaft“ und als „weiteren Sargnagel für die freiheitlich-demokratische Grundordnung“. Vor allem die rechtsextreme Berliner NPD beteiligte sich an der „Bürgeraktion gegen Überfremdung“ und versuchte, die Angst vor einer Überfremdung zu schüren. Zeitweilig versuchte die NPD, ein „Infomobil” zu etablieren, um gegen die Moschee zu protestieren.

Die nach der Jahrtausendwende neu entstehenden Moscheen drücken zum einen das neue Selbstbewusstsein der Muslime in Deutschland aus. Vor allem drücken sie aus, dass die Muslime ihre Heimat nun hier Deutschland sehen. Nach der Tradition darf dort, wo eine Moschee steht, nur noch eine Moschee stehen. Und der muslimische Glaube ist in der Gesellschaft an die Öffentlichkeit getreten und bietet somit die Möglichkeit zur Kommunikation. Und Kommunikation ist ein wesentlicher Schritt zur Integration.

Nicht erst seit der Flucht und Vertreibung vieler Muslime aus Asien und Afrika in der letzten Zeit sehen sich die Gemeinden unter einem stärker werdenden Druck durch Anfeindungen (Anti-Islamismus) aus Teilen der Gesellschaft gegenüber. Aus der Politik und selbst aus den demokratischen Parteien heraus werden die Anfeindungen gegen Muslime oft verharmlos oder sogar unterstützt.

Berlin-Neukölln, Türkischer Friedhof

Berlin-Neukölln, Türkischer Friedhof

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